Trägerwechsel Kita Spatzennest
Neue Eltern fürs Spatzennest
von Andreas Laukat
Es ist fast wie ein Naturgesetz: Wichtige Entscheidungen und Informationen kommen offenbar immer freitags. So haben alle Beteiligten die Zeit, sich über das Gehörte Gedanken zu machen oder sich weiter aufzuregen. Bei dem hier vorliegenden Fall lag es genauso.
Gerüchte über einen Weggang der Erzieherinnen bei einem Trägerwechsel stellen sich als nicht wahrheitsgemäß heraus.
Es ist Freitagnachmittag - so nach und nach werden die Kinder ins Wochenende abgeholt. Doch heute ist es anders. Es stehen Gruppen von Erwachsenen herum, im Hintergrund tanzen einige Kinder und singen "Käpt'n Browser, Käpt'n Browser". Dass Kinder im Kindergarten singen, sollte eigentlich normal sein, und was sie da singen erschließt sich uns nicht immer. Von daher ist es also fast wie immer. Wenn da nicht die aufgeregten Erwachsenen allen voran die Kita-Leiterin Frau Reimer wären, berichtet eine Mutter. Jedem Elternteil wurde die neue Nachricht überbracht: Das Spatzennest soll einen privaten Träger bekommen. Das ist dann doch eine Überraschung für alle Eltern. Wieso jetzt auf einmal? Warum wurden wir vorher nicht informiert? Das sind die ersten Gedanken der Betroffenen. Dann doch die entscheidenden Fragen: wie, wer und wann?
Das Ziel der Stadt Kerpen ist ein Wechsel des Trägers für das Spatzennest zu Beginn des Kitajahres 2011/2012. Nach den Ferien soll der Deal perfekt sein. Bevorzugter Betreiber ist die Käpt'n Browser gGmbH aus Berlin. Das Unternehmen betreibt zwölf Kitas in Berlin, Sachsen und NRW. Käpt'n Browser verwaltet 1000 Kitaplätze. Wie der Namen schon sagt, setzen die Pädagogen auch auf elektronische Medien wie das Internet. Die Gründer seien naturwissenschaftlich geprägt, erinnert sich Birgit Peltzer an die Vorstellung des Unternehmens vor einiger Zeit. Sie konnte sich schon vor einiger Zeit als ordentliches Mitglied im Jugendhilfeausschuss ein Bild über die verschiedenen privaten Betreiber machen. Käpt'n Browser ließe aber mit sich reden, heißt es von Eltern aus den drei bestehenden Kitas aus Bergheim. Auch Bücher seien Medien und kein Kind wird gezwungen, sich an den Computer zu setzen. Doch die Angst der Eltern besteht trotzdem. Vielen spuken sicherlich Bilder im Kopf von dreijährigen Kindern, die stundenlang am Laptop spielen.
Das Kita-Problem in Horrem begann eigentlich viel früher. Vor einigen Jahren sah sich die Stadt innerhalb kürzester Zeit gezwungen, Kindergärten der katholischen Kirche in städtische Trägerschaft zu übernehmen. Damit wurden Fakten geschaffen: Alle Kitas in Horrem waren nun in städtischer Hand. Das konnte nicht so bleiben, denn allgemein ist gewünscht, dass Trägervielfalt herrscht. Mit dem Neubau der Kita am Horremer Bahnhof bot sich nun die Gelegenheit, dies zu ändern. So schrieb man den Betrieb dieser Kita aus. Zwei private Träger kamen in die engere Auswahl: Fröbel und Käptn Browser. So kam es im Stadtrat zur Kampfabstimmung, berichtet Axel Fell, FDP-Mitglied und selbst Abgeordneter im Kerpener Stadtrat. Die Abstimmung lief denkbar knapp. Mit zwei Stimmen Mehrheit erhielt Fröbel den Zuschlag für die neue Kita. Käpt'n Browser ging zwar leer aus, aber die nächste Kita solle an Käpt'n Browser gehen, so die nicht protokollierte Meinung unter den Abgeordneten. Offenbar wurde auch schon ein Termin ins Auge gefasst. Spätestens zum Kitajahr 2012 sollte ein weiterer Kindergarten in eine private Trägerschaft wechseln. Die Überraschung war nur, dass dieses Mal kein Neubau dafür ausgesucht wurde, sondern eine bestehende Kita.
| Kosten für die Stadt | Einsparung bei Trägerwechsel |
---|---|---|
Spielkiste | 383.292 | 43.805 € |
Spatzennest | 248.975 | 28.454 € |
Bottenburg | 163.031 | 18.746 € |
Erftpiraten | 158.967 | 18.167 € |
Löwenzahn | 159.136 | 18.142 € |
Am 7. April sollte der Trägerwechsel auf einer Sitzung des Jugendhilfeausschusses beraten werden. Leider wurde der Punkt Trägerwechsel der Kita Spatzennest als geheim eingestuft und sollte daher nicht öffentlich beraten werden. Es ist unter anderem Birgit Peltzer zu verdanken, dass dieser Tagesordnungspunkt dann doch öffentlich behandelt wurde. Viele Erzieherinnen waren auf dieser Sitzung anwesend. Woher die Kita-Mitarbeiterinnen von dem als geheim eingestuften Tagesordnungspunkt wussten, ist ihr Geheimnis. Für Eltern, Kita-Mitarbeiter und auch Politiker kam die Auswahl überraschend. Fünf Kitas stehen in Horrem für einen möglichen Trägerwechsel zur Auswahl.
Die absoluten Einsparungen sind für jede Kita unterschiedlich. Bei allen beträgt die Einsparung bei Trägerwechsel 11,5 Prozent. Für einen Wechsel kamen für die Verwaltung nur die beiden größten Kitas infrage. In der Spielkiste werden zurzeit Integrationsplätze für behinderte Kinder eingerichtet. Um diese Umgestaltung nicht zu gefährden, haben sich die Verantwortlichen für das Spatzennest entschieden.
Eltern und Mitarbeiter haben viele Fragen an die Verantwortlichen. Die Informationspolitik der Stadt lässt mehr als zu wünschen übrig. Die Eltern fühlen sich von der Stadt hinters Licht geführt. Auf einer Bürgerversammlung am 13. April berieten etwa 20 Eltern über das weitere Vorgehen. Während die Kita sonst für den Anwohner für Versammlungen offen steht, hat die Stadt eine Treffen in der Kita zu diesem Thema verboten. So mussten sich die Beteiligten in einem Haus eines Anwohners treffen. Dabei zeigte sich, dass die Eltern unterschiedliche Auffassungen vertreten. Allen ist aber eines gemeinsam: Die Angst vor einer schlechteren Betreuung der Kinder. Viele befürchten ein Ausbluten der Kita bis zum Trägerwechsel durch eine Abwanderung der Mitarbeiter. Bis hin zum vollständigen Personalwechsel nach den Ferien. Die Forderung der Eltern: Das muss verhindert werden. Die Stadt muss dafür sorgen, dass alles dafür getan wird, dass die Mitarbeiter den Wechsel zum privaten Betreiber mittragen. Dazu gehört nach Meinung der Eltern auch, dass in den kommenden Wochen Ruhe in die Kita einkehren muss. Leider werden zurzeit Gerüchte in Umlauf gebracht, alle Erzieherinnen würden bei einem Wechsel des Trägers die Kita verlassen. Nach Nachfrage von Eltern bei einzelnen Mitarbeiter hat sich dieses Gerücht nicht bestätigt. Gerade die Mitarbeiter mit Zeitverträgen wären froh, wenn sie vom neuen Betreiber eine Anstellung erhalten würden, ergaben die Gespräche mit einzelnen Erzieherinnen.
Nun hat die Stadt zu einem Info-Abend in der ersten Ferienwoche geladen. Leider wird kein Vertreter von Käpt'n Browser dabei sein. Wahrscheinlich wird es noch eine zweite Veranstaltung nach den Ferien geben. Bleibt zu hoffen, dass dann auch ein Vertreter des neuen Betreibers den Weg in den Trips-Ring findet.